Lokalperlen: Musikerhumor

„Man sollte niemals eine unbeaufsichtigte Posaune im offenen Auto liegen lassen. Es kann passieren, dass man zurückkommt, und dann liegt dort noch eine.“ 

Jazzsession-Organisator Marvin Becker kündigte humorvoll die kommende Montagsveranstaltung im Bloomclub an – Fusionjazz mit zwei Posaunen. Leiser, zarter, doch auf gleicher Humorebene gab es bereits diese Woche Heurigenlieder, Nachkriegsschlager und Broadway-Melodien mit Olli Richters am Piano. Existiert die Personenbeschreibung „der Typ ist eine Nummer“, noch? Unter dieser Kategorie läuft der 30-jährige Dauer-Sessiongast, Musikwissenschaftler und Altgermanistik-Promotionsstudent jedenfalls. Wie ein Yeshiva-Absolvent steht er flusenbärtig mit Nickelbrille, Halbglatze, weißem Hemd und schwarzer C&A-Hose vorm Publikum.

So kennt ihn die Wuppertaler Session-Gemeinde seit 12 Jahren. Keine Veranstaltung hat Olli Richters, der Beinahe-Wuppertaler (aus Gruiten) bisher ausgelassen, verlassen kann sich jeder auf ihn. So war es schon 2004, als er plötzlich allein im Sommerzelt auf dem Laurentiusplatz stand, weil seine Band erkrankt und lustlos nicht erschienen war. Die Show startete dennoch, solo und erfolgreich, damals noch mit amerikanischen Liedern. Montag dann: „Die alte Zahnradbahn“ aus Wien, eine Melancholie über die „Gute alte Zeit“. Dieses Heurigenlied ist Heimatfilmfreunden aus „Da droben auf dem Berg“ bekannt, mit Paul Hörbiger als Interpret.

Unterstützt von Maik Olhoff (Schlagzeug), Marvin Becker (Gesang) und Lukasz Dworak (Bass) gab es weitere Piano- und Akkordeonklassiker. Sehr elegisch, vielleicht sogar ein bisschen lahm, das Duett „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“. Großartig dagegen Irving Berlins‘ Broadway-Schlager „Play me a simple melody“ von 1914, damals getanzt von Vernon und Iriene Castle. Im Bloomclub gab es eine deutsche Version aus den 50ern: „Spiel mir eine alte Melodie“. Einleitend referierte Richters trocken über „ berühmte Menschen, die man lange nicht gesehen hat, um die es sehr still geworden ist und die man plötzlich vermisst.

Still geworden ist es auch um Vernon und Irene Castle, die schon lange nicht mehr als Tänzer aufgetreten sind, seit Vernon im 1. Weltkrieg abgeschossen wurde.“ Still wird es vermutlich auch um Jan Ullrich und die Tour de France, was Richters als „aktiver und passiver Fahrradfreund“, bedauerte und ihn motivierte, „Champs-Elysée“ zu spielen. „Das hat zuletzt wunderbar geklappt und alle sangen spontan mit – das klappt jetzt bestimmt auch unter Zwang.“ Olli Richters tippte korrekt: Sechs Richtige für dieses wunderbare Konzert. (Fotocredit)

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