Linkradar: Heid/-enreich/-egger

Neuer Büchner-Preisträger ist Jürgen Becker (der Dichter, nicht der Kabarettist) und in Hildesheim tanzt die Literatur auf den Hauptschultischen. Neues zum politischen Theater und mögen Heidenreich und Heidegger im Gleichklang beginnen – zusammen kommen sie nimmer, im LesenMitLinks-Linksradar der Woche (außerdem gibt es Fußball in Breitwandformat).

PN_Plakat_2014-03-09_Seite_2-2An diesem Wochenende lief, parallel zu Solothurn und den Linken Buchtagen das Prosanova-Festival in Hildesheim (Bild) und Jan Fischer gehört ja zum Hildesheimer Kreis und sm Mittwoch schrieb er in seinem Textsammelstellen-Blog: „Es ist so, dass ich letztens – zusammen mit einer Menge anderer, hochkompetenter Menschen – im Katersalon eingeladen war, um herauszufinden, wie es der deutschen Gegenwartsliteratur so geht. Letztendlich haben wir nicht soviel herausgefunden, trotzdem aber lange darüber diskutiert.“ Befindet sich die deutsche Literatur „in einer Blase“? Wie müssen Sonnenblumen wachsen (mit Hilfsstab oder ohne?) Herausgekommen ist die Idee für ein neues Magazin.

220px-Becker,_Juergen-Schriftsteller-1109Diese Woche wurden die Teilnehmer bekanntgegeben, die 2014 um den Bachmannpreis lesen werden. Eine umso höhere Auszeichnung steht ebenfalls fest, auch wenn Clemens J. Setz auf seiner Facebook-Seite schreibt: „Büchnerpreis an Jürgen Becker. Ich gebe zu: noch nie gehört.“ Dabei erscheinen beide im Suhrkamp-Verlag. Uwe Wittstock und Tilman Krause sehen die Vergabe kritisch. Clemens J. Setz hatte sich schnell versöhnt und ein Gedicht des geehrten Kölners gepostet: „In der Nähe von Andy Warhol: als er dann wankte und umfiel, / der Schwarze auf dem Union Square, / hob ich ans Auge die Kamera / und sah im Sucher, daß / er liegen blieb / zwischen den gehenden Leuten.“

FerdinandSchmalz©privat2013.de.jpg.35233246Das Politische wird 2014 neu im Theater verhandelt (was ich gerade erlebte, als ich „am beispiel der butter“ von Ferdinand Schmalz in Leipzig sah). Zum doppelten Verhältnis von Theater und Protest hat Matthias Warstat von der FU Berlin gerade die hoch interessanten „Leipziger Thesen zur Theaterwissenschaft I“ verfasst, die eine neue Herangehensweise seiner Disziplin an „das Politische“ im Theater bzw. „das Theatrale“ im Protest propagiert. „Dabei wird das Attribut ‚politisch‘ im Theaterdiskurs bisweilen etwas leichtfertig verwendet: Nur weil Theateraufführungen gesellschaftliche Themen ansprechen oder sich theatrale Handlungen im öffentlichen Raum vollziehen, müssen sie noch lange nicht als ‚politisch‘ eingestuft werden.“

trawny11Ich muss zugeben: Als früherer, begeisterter Student Peter Trawnys (Bild) ist es mir eine besondere Freude, dass der hochbegabte Heidegger-Forscher jetzt derart im Rampenlicht steht. Seine Edition von Martin Heideggers „Schwarzen Heften“ hat ob seiner antisemitischen Äußerungen hart geführte Reden provoziert. Geradezu sinnfrei ob der Wichtigkeit, Heideggers Äußerungen in Beziehung zu seiner Philosophie zu setzen (oder auch nicht) ist die hochnotpeinliche „Literaturclub-Debatte“ mit Elke Heidenreich, die zu Stefan Zweifels Absetzung geführt hat.  Die besagte Stelle kann hier auf YouTube nachgesehen werden – und es schämt einen fremd.

Konsuminventur

550013_10151387007773445_409018869_nMassen-Sport-Events und Werbung gehören zusammen. Die Clips zum Super-Bowl füllen auch hierzulande seit Jahren die Boulevard-Ecken des Internets. Jetzt hat Nike mit seinem Spot „Winner Stays. feat. Ronaldo, Neymar Jr. (…)“ einen epischen Hit zur Fußball-WM gelandet und Adidas in Sachen Storytelling um Längen abgehängt. Allerdings kommt er nicht direkt an das 2008er Produkt ran. Damals zeigte Nike die Karriere eines Stars hautnah im Zeitraffer, als hätte Oliver Stone (nach „Any given Sunday“, dem besten Sportfilm aller Zeiten) mal wieder Regie geführt. Zur Wirksamkeit von Fußballern in der Werbung gibt es eine gute Übersicht von 2011 und eine aktuelle Abstimmung aus dem aktuellen WM-Jahr.

Das Beitragsbild ist ein Fundstück aus dem Netz, vom wunderbaren Sebastien Millon

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1 Kommentar

  1. […] Heidenreich zum Zweiten in diesem klugen NZZ-Beitrag von Rainer Stadler: “Literaturclub”-Redaktionsleiterin Esther Schneider taxierte „das ‚Hickhack’ zwischen Zweifel und Heidenreich als ‚unschön‘ und ‚unnötig‘. Zudem fand sie, Zweifel habe sich ‚lehrerhaft und besserwisserisch‘ verhalten. (…) Intern zählte also Zweifels Autorität als Moderator nicht besonders viel. Er hätte offenbar nicht nachhaken sollen. Und das, obwohl er in der Sendung nur darauf hingewiesen hatte, dass Heidenreich eine Passage zitiere, die in Heideggers “Schwarzen Heften” nicht zu finden ist, worauf Heidenreich mit einem dreimaligen “doch” widersprach. Ist jemand besserwisserisch, wenn er auf ein falsches Zitat mit heiklem Inhalt aufmerksam machen will? Nein, er nimmt in einem solchen Fall bloss seine journalistische Pflicht wahr.“ […]

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