Linkradar: Buchmesse (Rückblick)

Jede Buchmesse steht in Beziehung zu den großen allgemeinen und den kleinen persönlichen Zahlen. Heute schlossen die Hallen in Frankfurt und es steht fest: Zwei Prozent weniger Fachbesucher stehen rund 7000 Ausstellern aus 100 Ländern gegenüber. Aber was für einen persönlich zählt sind: gerauchte Zigaretten, gefahrene Taxikilometer, der Konsum von Kaffee, Espresso, „bitte ein Wasser“ an den Verlagsständen. Ein Rückblick. Beitragsbild: Standbespannung von Schöffling & Co.

848caec5_originalBesucherrückgang hin oder her: Die Hotelzimmer in Frankfurt sind zur Messe wieder teurer geworden. Bis zu 400 Euro zahlt man pro Nacht in einem Bahnhofshostel und bis weit über 1000 Euro gehen die übrigen Zimmermieten hoch. Der Rolling Stone sagt, er zahle meine Unterkunft und ich frage vorab Redakteur Maik Brüggemeyer, wo er bucht. Er schreibt was von airbnb, weshalb ich den anvisierten Frankfurter Hof aus der Planung streiche. Stattdessen beziehe ich Quartier in einer WG zwischen F.A.Z. und Messe. Großartiges Zimmer (Bild) mit Himmelbett, Pralinen auf dem Kopfkissen, Großmutters Erbstücken und einem Mitbewohner, der morgens frischen Kaffee anbietet. Ankunft: Mittwoch, 16:30 Uhr.

IMG_4526Die schönsten Servietten (Bild) reicht Suhrkamp beim Empfang ab 17 Uhr in den Räumlichkeiten der Villa Unseld. Clemens J. Setz liest aus seinem neuen, bislang nicht veröffentlichten Roman „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“. Wer draußen steht und raucht bekommt nichts mit. Man denkt: Steht morgen eh alles in der Messen-F.A.Z. Aber: Die Kollegen habe diese beliebte Institution eingestellt (kaum ist Schirrmacher tot), diese „Obdachlosenpostille für Besserverdienende“, wie es ein F.A.Z.-Feuilletonist einst zu mir sagte. Hier geht es zur Süddeutschen Zeitung. Ich begrüße zum ersten Mal auf dieser Messe Katharina Teutsch aus dem F.A.Z.-Feuilleton (hier geht es zu ihren Texten für Der Freitag).

IMG_4539Danach mit Susanne Schleyer, Michael J. Stephan und Volltext-Chef Thomas Keul beim Empfang der Österreicher in der Villa Bonn (Bild). Edle Weine, Sekte, Wiener Schnitzel(chen), Kaiserschmarren, Gurkensalat. Arco-Verleger Christoph Haacker und Schriftsteller Alban Nikolai Herbst (mit E-Zigarette). Suhrkamp-Lektor Lars Claßen war vorhin schon aufgefallen: „Es rauchen immer weniger Buchmessengäste.“ In der Villa Bonn Gespräche über den sagenhaften Reichtum von Alexander Schimmelbusch und gemeinsam mit Till Kaposty-Bliss, Erinnerungen an alte Eichborner Zeiten. Till hatte mich einst am Stand betreut, abgefüllt, unterhalten – jetzt ist dieses Netzwerkgenie Chef von Das Magazin.

9783462047042_10Einprägsames Treffen vor der Kunsthalle Schirn, wo man wie immer bei der Rowohltparty trotz Einladung draußen steht. Es rollt an: Das selbsternannte „kranke Schwein“ Oliver Polak (Bild) in Jogginghose. Antidepressiva: abgesetzt. Sein Zustand: aufgeräumt. Gerade war „Der jüdische Patient“ (KiWi-)Buch der Woche in 1LIVE Plan B (hier geht es zum Mitschnitt mit Moderatorin Christiane Falk). Der Zigarettenautomat vor den Toiletten schluckt wie jedes Jahr sechs Euro und gibt keine Kippen, kein Rückgeld, gar nichts raus. Marie Claire Lukas von Metrolit dreht exzellent und die Methode „Zwei Wasser, ein Wein“ sorgt für nüchterne Heimkehr um zirka zwei Uhr nachts.

zehnseitenlappert-Messe: Es gibt in den kommenden Tagen u.a. ein Interview mit Simone (Aussprache: Simon!) Lappert (Bild), Nichte von Bestsellerautor Rolf Lappert über Schönheit und den Social Turn. Uta Niederstraßer vom Berlin Verlag spricht über die Bedeutung von Autorenfotos und das „gute Aussehen“ als absurde Grundbedingung für einen Buchvertrag (Männer und Frauen gleichermaßen betreffend). Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Regel ist aber: Autoren sind schön. Freitag treffe ich zufällig (und wie passend) Peter Stamm auf einen Kaffee, Seine Gesammelten Erzählungen und die Poetikvorlesungen sind raus. Katarina Teutsch und ich stellen noch einmal einander vor.

IMG_4548Bei Joachim Unseld, Verleger der FVA (wo die großartige und hier von mir in 1LIVE vorgestellte Nino Haratischwili veröffentlicht) sprechen wir unter anderem über den gerade verstorbenen Siegfried Lenz (Twitter hat die allerdümmsten E-Mails verschickt). – Joachim Unseld hat seine Bücher alphabetisch sortiert. Leidig-spekulatives Thema für jeden Bibliotheksbesitzer: sollte man nach Epoche, Verlagen, Größe, Farbe oder eben Alphabet sortieren? Katharina Teutsch und ich beschließen hier, einander einfach jedes Mal vorzustellen, wenn wir uns treffen. Sie fragt: „Sind wir eigentlich Facebook-Freunde?“ Es gibt Becks-Bier und ich erinnere ich, keine Kippen auf der sündhaft teuren Terrasse auszutreten.

IMG_4545Der Wandschmuck: Samuel Beckett und im Flur Zeichnungen (Bild). Es gibt Kicherebsen, ein warmes Büffett (es gibt immer warme Büffetts, wenn ich vorher gegessen habe). Zig Preisträger hat diese Messe hervorgebracht, darunter Friedenspreisträger Jaron Lanier, den Hotlist-Preisträger Lars Müller Publishers, den Deutschen Buchpreisträger Lutz Seiler und wie jedes Jahr am Donnerstag um 13 Uhr: Den diesjährigen Literatur-Nobelpreisträger Patrick Modiano (Hanser, ebenfalls wie beinahe immer). Gerauchte Zigaretten: Zwei Schachtel plus x. Getrunkene Weine: fünf. Kaffees: 13.  Außerdem: Ein Hemd im öffentlichen Trockner trocknen müssen (vor dem FVA-Empfang). Kostenpunkt: 1 Euro.

Empfohlene Artikel

2 Kommentare

  1. […] & Campe haben auch gebloggt : sternenwind : literaturcafe : astrolibrium : leidenschaft buch : lesenmitlinks.de und viele andere ebenso erwähnenswerte Berichte mit Rückblick auf die Frankfurter Buchmesse 2014 […]

  2. das aus für die messeausgabe hat frank s. noch vor seiner letzten reise veranlasst. so der buschfunk

Schreibe eine Antwort zu michael j. stephanAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.