Die schönsten Bilderbücher im März

Eine kluge, afrikanische Schildkröte, die unvorstellbar große Zahl „Googolplex“, der kleine Boubo und ein wandernder Bär werden vorgestellt in den schönsten Bilderbüchern dieses Monats.

Bekannt ist, dass Suchmaschinen-Marktführer „Google“ – vor einem Vierteljahrhundert gegründet – seinen Namen aus der unvorstellbaren Zahl „Googol“ ableitet, einer 1 mit 100 Nullen. Zum Vergleich: Die Anzahl der Protonen im sichtbaren Universum wird auf etwa 10 hoch 80 geschätzt, also deutlich weniger als ein Googol. Das gerade erschienene Bilderbuch „Googolplex“ nähert sich spielerisch einer noch größeren Zahl an, jener 10, deren Exponent eine 1 mit 100 Nullen ist, auf die Tale und Truls kommen, Kinder eines Mathematikers: „Tale kann zählen. Sie kennt die Zahlen. Alle. Tale ist eins. Ein Mädchen. Ein Mensch. Tale ist Tale. Ihr großer Bruder Truls kann Rad fahren. Auf zwei Rädern. Bis zur Schule. Ganz alleine. Truls ist drei Jahre älter als Tale. Truls geht in die dritte Klasse. Aber er ist nicht drei Jahre alt. Er ist acht.“ Auf diese Weise zählt die Geschichte um Tale und Truls weiter und weiter bis zum Googolplex, einer dieser Riesenzahlen, die entstanden sind, weil man mit „unendlich“ schlechterdings nicht rechnen kann, aber in ganz seltenen Fällen Zahlen wie die „Googolplex“ benötigt um beispielsweise astronomische Berechnungen und Phänomene angemessen darzustellen (würde man diese händisch ausschreiben, dauerte das Notieren länger, als dieses Universum existiert).

Das Höchste, das Kleinste, das Tiefste oder eben das Allergrößte sind Relationen, die nahezu jedes Kind interessieren. So ist dieses helle, sehr modern gestaltete Bilderbuch eine Horizonterweiterung für neugierige Leserinnen und Leser ab 5 Jahren, die durch „Googolplex“ blätternd die Zeit überbrücken, bis sie zu Hans Magnus Enzensbergers „Der Zahlenteufel“ greifen können. Die Norweger Magnus Holm und Rune Markhus ist so eine schöne Expedition in die immens wichtige MINT-Welt gelungen, mit der auch vorlesende Erwachsene erinnert werden, dass die Welt zwar nicht mathematisch aufgebaut, doch mithilfe ihrer Mathematisierung annähernd erklärt werden kann. Magnus Holm (Text), Rune Markhus (Illustration): „Die größte Zahl der Welt? Googolplex“, aus dem Norwegischen von Matthea Dörrich, Beltz & Gelberg, 42 Seiten, 17 Euro, ab 5 Jahre

Die 1973 in Bologna geborene Beatrice Alemagna, zahlreich ausgezeichnet, bekanntgeworden spätestens mit ihrer Fledermaus Pascaline, stellt nun Boubo vor, ein kleines, an eine Mischung aus Bär, Dachs und Wildschwein erinnerndes Wesen. Das kleine Tier mit dem puscheligen Schwanz ist stolz: „Ich bin kein Baby mehr“. Es zählt auf, was an ihm bereits groß ist: die Augen, Zähne, Nase: „Meine Windeln brauch ich nur noch einmal in der Woche – wie die Großen.“ Im Restaurant legt Boubo lediglich ein Kissen auf den Stuhl und dem Tier schwant in grenzenloser Selbstüberschätzung, es sei „der Allergrößte!“ Im teilweisen Mix aus Fotos und Zeichnungen collagiert, ist dieses kleine Pappbilderbuch eine zugewandte Hommage ans Kleinkindalter, mit grünem Seitenschnitt und durchgehendem Motiv – man folge den Karokästchen… Beatrice Alemagna: „Boubo so groß!“, aus dem Englischen von Kathrin Bögelsack, Bohem, 36 Seiten, 15,50 Euro, ab 1 Jahr

Die deutsch-japanische Illustratorin Yayo Kawamura ist bekanntgeworden durch ihre „PePe & Milli“-Reihe, die sich weltweit über eine Millionen Mal verkauft hat. Sie hat über einhundert Bücher, Spiele und Nonbooks entwickelt, darunter so lustige Sachen wie „Mein Filz-Fühlbuch für den Buggy“. Gemeinsam mit Harriet Grundmann erzählt sie nun von einem Bären in Latzhosen (davon gibt es einige wie in Irina Korschunows „Wuschelbär“ von 1990), der sich von seinen Tieren verabschiedet, weil er losmuss: „Aber warum er losmusste, das sagte er nicht.“ Das Buch verbindet also ein kleines Geheimnis mit dem alten Reiseplot – allerdings ohne den „doppelten Cursus“ mittelalterlicher Erzählungen. Die Geschichte folgt dem wandernden Petz, bis ersichtlich wird, dass er so weit gewandert ist, nämlich, „um einen Ort zu finden, von dem aus ich gut zurückblicken kann. Um alles von hier aus zu sehen und vielleicht auch besser zu verstehen.“ Ein Buch, das nicht nur Kinder mit Wehmut im Herzen zuschlagen werden. Harriet Grundmann (Text), Yayo Kawamura (Illustration): „Ich muss los, sagte der Bär“, Peter Hammer Verlag, 32 Seiten, 16 Euro ab 4 Jahre

Wie mit buntem Sand gestaltet ist dieses vollständig am digitalen Tablet illustrierte Märchen der Bantu – jener über 400 Ethnien Süd- und Mittelamerikas, die 240 Millionen Menschen zählen. Die Bantu sind durch ihr Sprache verbunden, denn obwohl es mehr als 500 Bantusprachen gibt, findet man zahlreiche Wortüberschneiden, zum Beispiel im Swahili (80 Millionen Sprecher), Zulu (27,3 Mio.) und Lingala (20 Mio). Sprechen können im „Ungalli“-Märchen auch jene Savannentiere, die während einer Dürre so lange wandern, bis sie vor einem Baum mit herrlichen Früchten laden, dessen Name jedoch genannt werden muss, damit eben diese sehr hoch und auch für Vögel viel zu fest hängenden Früchte geerntet werden können. Leider weiß lediglich der zurückgelassene König Löwe, wie dieser Baum heißt. Zuerst reist die schnelle Gazelle, dann der hochmütige Elefant zurück, doch kurz vorm Baum angelangt, stolpern sie wegen eines Kaninchenlochs, sind endgültig abgelenkt und haben den richtigen Namen vergessen. Die als viel zu klein und langsam gescholtene Schildkröte wird sich am Ende auf den Weg machen, ihre Konzentration behalten und die halb verhungerten Tiere retten. So ist dieses Märchen auch eine Parabel auf die Tücken von Hast, Multitasking und übertriebene Ich-Zentrierung heutiger Zeit, zudem eine schöne Möglichkeit, kleinen Kindern einen Ausschnitt der so staunenswert variantenreichen afrikanischen Kultur nahezubringen. Lena Raubaum (Text), Tobias Krejtschi (Illustration): „Ungalli“, Tyrolia, 26 Seiten, 18 Euro, ab 4 Jahre

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