Rezension: “Der Uni-Roman“

Das Taschenbuchcover spricht für sich: Lässig liegen zwei Converse-Sneaker auf zwei Büchern, lässig ist das beachtliche Debüt von Manuel J. Hartung. „Der Uni-Roman“ heißt sein kleines Erstlingswerk, das Studenten die Mittagspause verschönern wird und zeigt: Wir haben es nicht leicht in NRW. 

Der sympathische Uni-Roman-Held Markus Rüttgers erfährt schon bei seiner ersten Seminaranmeldung in Bonn, dass die „Alma Mater keine nährende Mutter ist“. Ellenbogen werden von Beginn an ausgefahren, weil nicht jeder Student einen Platz im überfüllten Hörsaal ergattern kann: „Dicht an dicht, Knie an Knie, Po an Po sitzen sie hier.“ Mit akademischen Weihen hat Bonn, oder „Boonnnnn!“ wenig zu tun. „Das also ist die deutsche Universität, die deutsche Massenuniversität, Parkhaus und Verwahranstalt für über zwei Millionen Studenten“, bemerkt Politologieanwärter Markus trocken und setzt sich „erst mal auf den staubigen Boden der Tatsachen“. Nun kann man bekanntlich vom Staub zu den Sternen gelangen. –  Manuel J. Hartung beschreibt treffsicher, wie sich heute jeder Abiturient strecken muss, um wenigstens erste Lichter am Studierhimmel erspähen zu können. Und er spricht aus, was wir alle denken, aber niemals in Elternnähe sagen würden: Ein Politikstudium „hinterlässt in mir das gute Gefühl, die eigene Spätpubertät noch eine geraume Zeit verlängern zu können“.

Ein Studium besteht selbstverständlich nicht nur aus Hausarbeiten, Referaten, Creditpoints. Markus zieht es auch zu den Alternativen. Er besucht die unvermeidliche Burschenschaft, knutscht mit der süßen Anna Schnitzler, die wie viele Kommilitoninnen einen kleinen Hau hat. Er lernt von einem semigebildeten Checker: „Wer A sagt, muss auch -limente sagen.“ Und eine Interessengruppe wird per se mit peinlichen Kalauern bedacht: „Karohemd und Samenstau – ich studier‘ Maschinenbau.“ So viel Spaß muss sein. Manuel berichtet von Unipartys, kleinen Intrigen, Dramenzwischen den Seminaren. Vermutlich aus eigener Erfahrung kann er außerdem mit Katertipps für Brillenträger aufwarten. Wer am Abend zu viel gebechert hat, der kann einfach nicht entspiegelte Gläser zum Kaschieren von Augenringen verwenden: „Frauen und Metrosexuelle kaufen sich spezielle Cremes, ich setze meine Brille auf.“ Dieser Roman ist nicht nur für genervte Bachelorstudenten geeignet, sondern auch als Geburtstagsgeschenk zu Papas 50. Damit der alte Herr selber nachlesen kann, wie schwer wir es am Campus haben. Passt schon.

Manuel J. Hartung wurde 1981 in Fritzlar geboren und für alle, die sich fragen „Wo ist denn das?“: Fritzlar ist eine nordhessische Kleinstadt und zugleich wirtschaftliches Mittelzentrum im Schwalm-Eder-Kreis. Es wird abgeleitet von der ursprünglichen Bezeichnung Friedeslar, „Ort des Friedens“. Selbigen hat Manuel nach Abitur und Zivildienst in Hamburg gefunden, wo er eine Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule absovierte. Inzwischen ist er Chefredakteur von „Zeit Campus“, ihm wurden mehrere Auszeichnungen verliehen, unter anderem der Axel-Springer-Preis für junge Journalisten. „Der Uni-Roman“ ist aus Manuels „Bonn-Log“ über das Bonner Campusleben entstanden. Wer wissen möchte, wann Bismarck geboren worden ist, wie viel Alimente in welchen Situationen fällig werden, ob langsam eine Therapie angesagt wäre, wie man gut durchs Uni-Leben kommt, der ist hier eben richtig aufgehoben.

Manuel Hartung: „Der Uni-Roman“, Piper, 224 Seiten, 9,95 Euro

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