Lokalperlen: „Nur im Untergrund ist richtige Kunst möglich“

Der Wuppertaler Bao Bao Wang malt, gibt ein Interview und möchte dennoch als Künstler unbekannt bleiben.

Sein Hals wird geschmückt von einem Skorpion-Amulett. Die großen Brillengläser sind schwach getönt. Der 24-Jährige wirkt aus den ersten Blick leicht verwegen, bohemien. Doch Bao Bao Wang kann sein Äußeres erklären: „Die Scorpions habe ich früher einmal gehört, und meine Brillengläser sind getönt, weil ich lichtempfindlich bin und beim Zeichnen gut sehen muss.“ So einfach ist das. Der in China Geborene zeichnet und malt seit seiner Kindheit; zuerst für sich, inzwischen auch für das interessierte Umfeld (das Beitragsbild zeigt ein Portrait Bao Bao Wangs aus dem Jahr 2000).

Vor zwei Jahren hingen seine Bilder in einer Ausstellung der Wuppertaler Stadtbibliothek. Im Herbst dieses Jahres werden weitere Arbeiten im Wülfrather Rathaus zu sehen sein. „Ein Anfang“; das gibt er bescheiden zu, „aber für mehr habe ich momentan aufgrund der vielen Klausuren keine Zeit.“ – Wang studiert an der Bergischen Universität Kunst und Mathematik auf Lehramt. „Von irgendetwas muss ich später leben. Die Kunst ist nicht alles.“ Ihr gehört die gesamte Freizeit; sofern sie vorhanden ist. Das Wülfrather „Kunst Kolleg International“, dem Wang angehört, sieht ihn immer weniger. „Ich spiele Gitarre, Hard Rock; aber viel zu selten. Noch reicht es nicht für Auftritte im Tal.“

Wang ist 1994 von China nach Wuppertal gezogen. Inzwischen wohnt er am Loh – mit seiner Mutter, die in Essen als Opernsängerin engagiert ist, und mit seinem Adoptivvater, einem ehemaligen Lehrer. Wangs Zimmer befindet sich unterm Dach. Entweder dort oder in der Ruhe des Botanischen Gartens ersinnt der junge Künstler seine Ideen, zeichnet, skizziert, spielt Gitarre und kommt manchmal auf seltsame Gedanken.

Wie vor drei Jahren, als er sich während der großen Pause am Kothener Gymnasium in Performance-Manier von einem Geländer stürzte. „Ich wollte mir den Arm brechen und die Reaktionen der Leute einfangen.“ Das ging daneben. Anstatt eines Armbruchs hatte er eine verstauchte Hand und Ärger mit seiner Mutter. „Die fand das überhaupt nicht lustig“; gesteht Wang, „dabei hat sie meine Kunst immer gefördert.“ Aber an dem Punkt war Schluss.

Momentan arbeitet er an sicheren Projekten, zeichnet absurde Comics, füllt täglich sein Skizzenbuch. „Ich bin ruhiger geworden“, sagt Wang, „wenn ich später als Lehrer arbeite, werde ich den Schulhof nicht als Performance-Fläche missbrauchen.“ Außerdem möchte er versuchen, möglichst lange unbekannt zu bleiben. „Nur im Untergrund ist richtige Kunst möglich.“ Wenn im Oktober die Wülfrather Ausstellung eröffnet ist, wird er jedoch einen weiteren Schritt von diesem Ziel entfernt sein.

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