Kurz vor Jahresende blicken wir auf den ersten Wintermonat zurück: mit Suchgeschichten: ein Bär sucht Weihnachten, ein Hund irgendwas, die Hirten auf dem Feld suchen den Heiland – und ein Waschbär lockt seinen grummelnden Kumpel, der alles Schöne ablehnt: bis er einige gute Erfahrungen macht.
„So sehr freute sich Noël auf Weihnachten. Überall gab es schon Schokonikoläuse, Lebkuchen, Weihnachtsbäume, Sterne zum Essen und zum Aufhängen, Glocken und Weihnachtsengel. Und in allen Geschäften spielten Weihnachtslieder. Es konnte nicht mehr lange dauern.“ Doch seine Mama beschwört Noël, er solle warten, bis Weihnachten ist oder vielmehr „erscheint“ – und weil vermutlich auch Bärenkinder die gleichen Fragen stellen wie ihre menschlichen Pendants („wann sind wir endlich da?“) erkundigt sich das ungeduldige Tier: „Wo ist denn Weihnachten jetzt?“ Noël begibt sich auf eine einsame Reise durch die Stadt. „Wenn Weihnachten noch weit weg war, dann musste es doch woanders sein. Vielleicht in Italien. Da waren sie nämlich im Urlaub gewesen (gezeigt wird ein sich sonnender Elch am Strand, mit Bikini und Beach-Ball-Schlägern neben sich liegend).

Auf seiner Suche befragt Noël den Polizisten, eine Beamtin im Rathaus, eine Warenhausmitarbeiterin – sie sind ebenfalls Tiere, wie das backende Krokodil, die Sternwarten-Eule, oder auch die Krankenpflegerziege auf der Säuglingsstation. Noël hatte gehört, Weihnachten fände statt, weil jemand geboren worden ist. Irgendwann wird der kleine Bär erfahren: „Weihnachten ist keine Person, die irgendwo ist. Weihnachten ist überall, wo Leute einander lieb haben.“ Mit Collagen aus freigestellten Fotografien (von Nussknackern, Tannenzapfen, einem Sternenteleskop) und sehr kantigen Illustrationen bebildert Vanessa Riecke, wie man es von ihr kennt, dieses am Ende dezent christlich grundierte Buch (es erscheint im katholischen Herder-Verlag). Man kann kaum schöner die Zeit bis zur Bescherung verbringen, als mit dieser Geschichte – und dieser Hoffnung: lieb haben. Rainer Erlinger (Text), Vanessa Riecke (Illustration): „Noël. Ein Bär sucht Weihnachten“, Herder, 48 Seiten, 18 Euro, ab 3 Jahre

Alle suchen mit in dieser Geschichte, die einem wieselähnlichen Hund folgt (das Fässchen um den Hals deutet in Richtung Bernhardiner) – den man zunächst selbst suchen muss, weil auf der ersten Seite lediglich Pfotenspuren im Schnee erkennbar sind. Wir folgen der Fährte, schon buddeln wir durch einen Garten. Wir sind dabei unwissend wie die stetig mehr werdenden (Hunde-)Kameraden. Denn was wird vermisst? „Zwei weitere Suchende kamen vorbei. Weit gereist waren sie, und gekleidet ganz fein. Bei Eurer Suche, da sind wir dabei.“ Der kroatische Illustrator Manuel Šumberac ist hierzulande noch vollkommen unbekannt, doch schon dieses Übersetzungsdebüt macht neugierig. Ein sehr einfacher Plot wird als großes Rätsel inszeniert, mit Kleinkindwitz, hinreichenden Details und mit einem rührenden, ebenso sinnfälligen wie überraschenden Ende. Manuel Šumberac: „Alle suchen mit!“, aus dem Kroatischen von Stefanie Malleier, Katapult, 44 Seiten, 16 Euro, ab 3 Jahre

„Heute Nacht ist das Christkind geboren! Wenn es groß ist, wird es die traurigen Menschen fröhlich, die unglücklichen glücklich und die, die böse sind, gut machen! Lauft hinunter nach Bethlehem, und begrüßt den Heiland!“ Dieses Bilderbuch ist ein Klassiker. Wer seine Kindheit in den 1970er oder 80er Jahren erlebt hat, kennt die markanten Illustrationen des Zürchers Celestino Piatti (1922-2007) – der über 6.000 (!) Cover für den Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) entworfen hat. NordSüd bringt zum Weihnachtsfest diese Neuauflage, auf dickem, hochwertigem Papier gedruckt, mit dem schönen Text des Gelsenkirchener Theologen Aurel von Jüchen (1902-1991). Im einfachen Duktus, seinen biblischen Ursprung durchscheinen lassend, folgt die Geschichte den werdenden Eltern Maria und Joseph, die auf einem Esel nach Bethlehem reisen, um sich auf Befehl des Kaisers zählen zu lassen. „Die Heilige Nacht“ strahlt eine würdevolle Ruhe aus. Es sind kleine Details die christliche Einkehr evozieren, wie dieses Bild der achtsamen Hirten: „Sie kamen zum Stall. Auf Zehenspitzen gingen sie hinein und blickten mit großen Augen auf das Kind in der Krippe. Dann knieten sie nieder und sprachen: ‚Wir danken dir, liebes Kind, dass du gekommen bist, die Unglücklichen glücklich, die Traurigen fröhlich und alle Menschen zu Kindern Gottes zu machen!’“ Celestino Piatti (Illustration), Aurel von Jüchen (Text): “Die Heilige Nacht”, NordSüd, 40 Seiten, 18 Euro, ab 4 Jahre

In Trotz- und Nörgelphasen befinden sich nicht nur Kleinkinder, sondern manchmal auch unzufriedene Erwachsene (die Deutschen kennen es). Einen solchen Nervklotz stellt der französische Illustrator Hervé Le Goff vor, ein grummelndes Fellvieh, das sich gegen alle Vorschläge des illustren Waschbären stellt, weder Baden („ist nass“) noch Beeren essen mag („die piksen“), kein Nickerchen („die machen so schläfrig“) – doch jedes Mal widerwillig mitmacht und anschließend eben doch die größte Freude spürt. Probieren geht über echauffieren. Eine simple Geschichte, in der ein Grizzlybär lernt, über sich selbst zu lachen – mitzunehmen als guten Vorsatz ins neue Jahr 2026. Hervé Le Goff: „GRRRIZZLY“, aus dem Französischen von Julia Süßbrich, von Hacht Verlag, 32 Seiten, 18 Euro, ab 4 Jahre
