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Gott berlinert, Gott schweinigelt, Gott hat sogar eine Meinung zur “Fettluke an‘n Rosa-Luxenburg-Platz” (ja, mit “n”). Surfpoet Ahne führt “Neue Zwiegespräche mit Gott” und bleibt, O-Ton der HERR, ein “Scherzkeks”.

In einem älteren Popliteratur-Themenheft des politischen Magazins “Konkret” wird behauptet, der Berliner Surfpoet Ahne habe in seinem Leben nur einen einzigen großen Satz geschrieben: “Habe heute auf einer Bank gesessen und einen Keks gegessen.” Schlicht. Reimend. Schön. Das ist bald zehn Jahre her und seitdem hat Ahne, der 2001 mit dem absurden Band “Wie ich einmal die Welt rettete” beim Kölner KiWi-Verlag debütierte, eine Menge neuer, wesentlich galantere Sätze geschmiedet. Ein Feuerwerk schöner Szene und Wortaneinanderreihungen ist “Zwiegespräche mit Gott”, Ahnes intimen Dialoge zwischen ihm und dem Herrn, der selbstverständlich kein Zugereister ist, sondern perfekt den Berliner Dialekt beherrscht – und seltsam unaufgeräumt daherkommt, wenn er von Ahne vollgelabert wird.

Mit diesem Konzept – Lesebühnenautor quatscht Gott zu – begeistert Ahne seit Jahren, allerdings ohne sich über den christlichen Glauben lustig zu machen. Seine kleinen Gebetsstunden, seine Telefonschwätzchen mit dem Himmel, zeigen vor allen Dingen, dass auch Gott seine Launen, Problemchen, unkonzentrierten Momente haben kann. Er ist ein Gott wie Du und ich. Und doch ein bisschen weiser. Beim RBB-Radio Eins ist Ahne mit seinen Szenen seit Langem vertreten, mittwochs und sonntags geht es dazu auf die Bühne, im Hauptstadt-”Klub der Republik” und im “Café Burger”. Die Gäste- und Mitleseliste ist Underground- und Netzlesefreunden geläufig: Jakob Hein (”Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand”) gehört zum Beispiel dazu, oder auch Andreas Gläser (”DJ Baufresse”), Robert Weber (”Ich bin der Roman”) und Michael Stein (”Ich bin Buddhist und Sie sind eine Illusion”).

Nach dem erfolgreichen, 2007 erschienenen CD-Buch “Zwiegespräche mit Gott”, das inzwischen in der vierten Auflage angeboten wird, kommen jetzt “Neue Zwiegespräche mit Gott”, wieder als Text und beigelegter CD, auf der endlich auch heikle Themen angesprochen werden. Jakob Hein erläutert das im Vorwort sehr freundlich: “Im vorliegenden Band hat sich die Gotteswahrnehmung des Autors erkennbar weiterentwickelt. Gott wird nicht mehr als Weltenschöpfer und Allwissender in Frage gestellt, doch aber als Allmächtiger und Weltenherrscher. Hier wagt sich Ahne an das schwierige Problem der Theodizee: Wenn Gott allgütig und allmächtig ist, warum lässt er das Böse in der Welt zu?”

Wie kann es zum Beispiel angehen, dass einige Ex-Sportler wie Boris Becker, Muhammed Ali und Katarina Witt auch nach ihrer aktiven Laufbahn im Gespräch bleiben, während Thomas Wassberg, Jarmila Kratochwilowa und Frank Terletzki kein Schwein (und nicht einmal Gott) kennt? Wer hat den “Schlemmer-Pavilljon” Fettluke abgerissen? “Die Ölscheichs ham allet und Berlin ist pleite.” Ist das gerecht? Ahne: “Die Eckkneipe stürbt aus.” Gott: “Spricht ooch keena mehr Dialekt.” Ist das nicht großartig? Wie argumentiert Jakob Hein: “Natürlich kann Ahnes Text nicht an die Witzigkeit eines Lacans, die Leichtfüßigkeit der Kabbala, die Schlagfertigkeit Hegels oder den trockenen Humor Leibniz‘ heranreichen, aber dafür sind seine ,Neuen Zwiegespräche mit Gott‘ tiefgründiger, ernster.” Das ist Blödsinn. Und gleichzeitig wahr. Wie Ahnes Dialoge. Verkürzt lange Winterabende mit links.

Ahne: “Neue Zwiegespräche mit Gott”, mit einem schicken Vorwort von Jakob Hein, Voland & Quist, 130 Seiten und eine MP3-CD (160 Min.), 14,90 Euro

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