Linkradar: Lektoratsgeheimnisse, Lena liked und Red Bull 

Jetzt erscheinen geballt die Herbstprogramme (intellectures hat hier vorsortiert) – und eines der herausragenden Bücher ist überraschenderweise „Alles wird gut“ von Helmut Krausser, das ich übermorgen in der WDR-5-Sendung „Bücher“ vorstellen werde. Ab Montag liegt der Roman, quasi ein Nachfolger von Kraussers „Melodien“-Bestseller, in den Buchhandlungen. Trotz Amazon gibt es weltweit weiterhin diese geistigen Tankstellen – und Torsten Woywod von der Mayerschen, just nominiert für den „Börsenblatt Young Excellence Award“, reist aktuell durch die Welt, um die schönsten Buchhandlungen anzusehen (daraus soll am Ende ein Buch entstehen). Oben, von seiner Facebook-Seite geklaut: das „Alexandra Book Café“ in Budapest.

media.imagefile.27fee79c-cf0a-49d0-9ec6-3dc5394b20ee.normalized.mediaBlinder Fleck: Provoziert von diesem Gespräch zwischen Hans Ulrich Gumbrecht, Denis Scheck, Julia Schröder (Bild) und SWR-Moderator Burkard Müller-Ullrich musste ich daran denken, dass verbeamtete Luteraturprofessoren häufig beklagen, es gäbe zu viele Stellen an den hiesigen Unis. Erfolgreiche Schriftsteller beschweren sich über die unbotmäßige Fülle neuer Romane. Fest angestellte Feuilletonisten beurteilen den Niedergang der Kritik, das Wegbrechen von Rezensionsplätzen als notwendige Bereinigung eines vorherigen Überschusses.

Grumbrecht_01Da sitzen sie zusammen, Menschen in fester Anstellung und konstatieren, es hätte „nie mehr Literaturkritik im Fernsehen“ (Scheck) gegeben. Die Sendung bringt jene zusammen, die an den Unis (Gumbrecht), im Radio (Scheck) oder den Zeitungen (Schröder) mit verantwortlich sind für den Bedeutungsverlust – das aber nicht thematisieren. Auf den Einwand Schröders, ein subventioniertes Literaturmagazin sei nichts anders als der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nicht eingegangen.

Keine Chancen: haben die meisten Autoren auf eine Veröffentlichung, sagt ein namenloser Lektor hier bei Spiegel.de und nährt damit die Einschätzungen der sich selbst inzwischen Indie-Autoren nennenden Selfpublisher. Es gibt auch Tipps vom Profi. „Der erste Eindruck entsteht beim Anschreiben. Schrecklich ist es, wenn da so was steht wie: ‚Sie dürfen sich glücklich schätzen, als erster Mensch dieses Werk zu lesen.‘ Oder: ‚Meinem Literaturprofessor hat meine Arbeit sehr gut gefallen.‘ Es gibt viele, die davon überzeugt sind, gerade einen Bestseller abzuliefern. Die wollen dann oft auch alles sehr professionell angehen und schicken ganze Marketingpläne inklusive aufwendig gestalteter Buchumschläge mit. Das schreckt mich ab, weil ich ahne, dass eine Zusammenarbeit schwierig wäre.“

11745527_124390114567489_532761808026623753_nDass es Vroni vom Theatercafé in Klagenfurt wieder besser geht beweist dieses schöne Bild mit der geöffneten Cafétür, auf Facebook gepostet von ORF-Redakteurin Michaela Monschein. Als ich im Juli nach dem den Tagen der deutschsprachigen Literatur auf Einladung der Kärtner Landeshauptstadt am Wörthersee war, um für die Literatur Quickies meinen bald erscheinenden Text zu schreiben, war das Café noch geschlossen. Wer die Lesung von Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer nachhören möchte, kann das nun bei ihrem Verlag Volandt & Quist machen, die pünktlich ein Hörbuch veröffentlicht haben: für sparsame 4,99 Euro. Empfehlenswert ist die Ausstellung zu Christine Lavant im Musil Museum Klagenfurts.

miraIn eigener Sache: Morgen fahre ich erneut ins schöne Kloster Knechtsteden bei Dormagen, um mit Kollegen über Texte zu reden. „Atelier NRW“ heißt die Sache, organisiert u.a. vom LCB und dem Literaturbüro NRW. In der aktuellen Ausgabe des Freitag gibt es diesen Text über die bewundernswerte, an Miley Cyrus erinnernde Netz-Dichterin Mira Gonzalez (Bild), gerade bei Hanser erschienen. Am Sonntag folgt Ausgabe 2 meiner Sommerreihe „Philosophisches Kopfkino“, die ich für Deutschlandradio Kultur gemacht habe.

Konsuminventur

UnknownWerbung vs. Kunst: Was das eine vom anderen unterscheidet war schon ein Thema in meinem Volontariat beim Werbeunternehmen BBDO in Düsseldorf. Jetzt hat Andreas Bernard (hier im Blog) für die F.A.Z. diesen Text über Red Bull geschrieben. „Die erste Benevento-Veröffentlichung, der Anfang Juni erschienene „Appell des Dalai Lama an die Welt“, steht schon seit Wochen auf Platz 1 der Bestsellerlisten, über 60000 Exemplare der schmalen Schrift über Ethik und Religion wurden bislang verkauft. (…) Literarisches

Erzählen, sportliche Leistung und Produktwirkung erfüllen im Red-Bull-Kosmos also deckungsgleiche Aufgaben: Dreimal geht es um die Erweiterung von Grenzen, um das „Über-sich-Hinauswachsen“, das eine rührende Fabel, ein gestählter Körper oder ein taurinhaltiger Energydrink gleichermaßen bewerkstelligen sollen. „Bücher, die den Geist beflügeln“, lautet in Abwandlung des klassischen Red-Bull-Slogans das Motto von Benevento Books.“

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