Linkradar: Die „Hunger Games“ der Literatur

Ronja von Rönne, das Literarische Quartett, die Prekarisierung der Kritik und Flatrates waren Themen der Woche – und dieses Posting, das nun auch Facebook-Freundschaften in den Optimierungswahn integriert. Die Seite „Literatur gefällt mir / Like Literature“ hat daraus ein schönes Gedicht gebastelt und bewiesen, dass die Poetisierung der Welt erkenntnisstiftend sein kann: „SHARE! Write. Turn off! (WAY too private) Make sure your bio. PUT EVERYONE dramatically better (on dozens of people). Unfriend! Never like, never share! Never comment.“ Und so weiter. Für noch mehr Lyriköffentlichkeit engagiert sich nun auch der gute Ulf Stolterfoht, der gerade einen neuen Verlag gegründet hat – unter interessanten Vorzeichen. – Das Beitragsbild oben zeigt einen Stand, den Eichborn-Cheflektor Dominique Pleimling vor wenigen Tagen bei einer Reise nach New York fotografiert hat. Auf Facebook schrieb er mir: „Keine Ahnung was das war … Es war auch kein Verkäufer zu sehen.“ Aber es schaut interessant aus.

WarriorLesen für Lau: Die Preise fallen ins Bodenlose. Nun möchte die Seite 24Symbols eine digitale Leseflatrate für 6 Euro anbieten. Buchreport berichtet: „mit Bastei Lübbe, Reclam, Ueberreuter, Wagenbach und Wallstein durchaus bekannte Häuser an Bord. International umfasst das Angebot Titel von Bloomsbury, Osprey, Open Road und Unbound.“ Zur gleichen Zeit verschenkt Beltz & Gelberg in Kooperation mit der Stiftung Lesen 50.000 Exemplare der „Warrior Cats“-Reihe an SchülerInnen, ob sie wollen oder nicht. 64 deutsche KinderbuchautorInnen beklagen hier in einem Offenen Brief, hier würden junge Konsumenten „angefüttert“, um eine komplette Reihe auf aggressive Weise zu vermarkten.

FrischGucken in die Röhre: Ich erinnere mich gut, wie ich im Mai 2011 in Paris saß und mit Julian Schütts fulminanter Max-Frisch-Biographie das dürre Gegenstück von Volker Weidermann falsifizierte. Nun ist der fidele Neu-Spiegel-Redakteur Weidermann  (39 Personen gefällt das) Gastgeber des „Literarischen Quartetts“ im ZDF, gemeinsam mit Christine Westermann und Maxim Biller. Wer dagegen ätzt klingt unweigerlich wie Fritz J. Raddatz, der einst bekannte: „Reich-Ranicki wollte mich zu seiner Fernseh-Quasselbude einladen … Ekelhaft!“ Der Literatur wird’s nicht schaden, geklagt wird seit eh und je, wenn es zu populär wird – wer schaut denn heute noch Fernsehen?

Ronja-von-RoenneSaufen am See: Sie sei für die „Hunger Games der Literatur“ nominiert, schrieb Ronja von Rönne (Bild), als die Nominierten für das Klagenfurter Wettlesen 2015 bekannt gemacht wurden. Die Welt-Redakteurin ist Mittelpunkt einer „Feminsmus-Hate-Debatte“. Don Alphonso, über den Stefan Niggemeier schrieb: „Ist der bekannte Blogger Don Alphonso ein ‚zynisches Dreckschwein, unfreundlich, inkompetent und faul’? Ganz bestimmt nicht. Don Alphonso ist doch nicht faul“, kommentierte eben hier zu „Debatte“: „Um in den Kontext des Rechtsradikalismus gestellt und im Internet öffentlich vorgeführt zu werden, reicht es also, etwas zu veröffentlichen, was ein einziges Mal einer rechtsradikalen Person gefallen hat.“

KarlaLächeln: Es war eine gute Woche für den LesenMitLinks-Blog. Erst sagt Karla Paul (Bild) Nettigkeiten im Medienmenü von Krautreporter, dann schreibt Perlentaucher auf Spiegel.de eben hier, LesenMitLinks sei „hervorragend“ und meine Texte über die Prekarisierung der Literaturkritik im Blog und beim Freitag kommen ins Medien-Watchblog von René Martens, werden von Albatros, Lichtwolf und in die Twitterweek von Abenschein aufgenommen, in den Freitag-Kommentaren freundlich bedacht, mit klaren Bekenntnissen der Leser zu einer professionellen Literaturkritik, die es einzelnen Akteuren ermöglicht, umfassend literarische Ereignisse zu recherchieren. Das macht Mut.

GlauseTheater: Nachdem ich vor wenigen Tagen die ersten vier einstündigen Zündfunk-Generator-Features hier im LesenMitLinks-Blog verlinkt habe – folgt nun bereits Nummer fünf an diesem Sonntag, dem 7. Juni ab 22:05 Uhr in Bayern 2. Der Titel: „Utopia Stage 2015 – Echte Literatur gibt’s im Theater“. Ich bin rumgefahren und habe das „radikal jung“-Festival in München besucht, Regisseurin und Publikumspreisträgerin Jessica Glause (Bild) interviewt, mich mit Tobias Philippen von der Theateragentur und -verlag schaefersphilippen in Köln getroffen, mit Autor Wolfram Lotz und Dramaturgin Christina Zintl in Berlin zusammengesessen. Alles, um zu klären: Schlägt das Theater 2015 die deutsche Gegenwartsliteratur?

Konsuminventur

utopia.de_bildBlogroll: Die Seite „utopia.de“ vernetzt Verbände, Verbraucher, Aktivisten. Es geht um nachhaltigen Konsum. Utopia hat eine Facebook-Seite mit knapp 52.000 Likes, und punktet mit Texten über Lebensmittelverschwendung, Fairphones und Veggie-Wurst. Nachdem Frankreich bereits vor wenigen Tagen Supermärkten verboten hat, Lebensmittel wegzuwerfen will nun auch Italien gegen die Verschwendung vorgehen. Utopia.de berichtete gestern und fügte hinzu: Aber nicht nur der Handel wirft wertvolle Nahrungsmittel weg: Lebensmittelproduzenten sind genauso gefragt wie wir Verbraucher, damit in Zukunft nicht mehr die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet.

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1 Kommentar

  1. […] "bewiesen, dass die Poetisierung der Welt erkenntnisstiftend sein kann" […]

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