Lokalperlen: Ich schwimm, schwamm und schwomm

Die Malerei schlägt die Fotografie. In der neuen Ausstellung „Transformation des Augenblicks“, die seit Freitag in der Galerie Epikur betrachtet werden kann, wird diese aus Berlin und Frankfurt virulente These weitab verkopfter Diskussionen bewiesen.

Ruth Bussmanns Menschen am Wasser erfahren sich im schwerelosen Miteinander und denken Wolfgang Tillmans Belanglosigkeit auf der Leinwand weiter. Der Pool, das Meer, Liegewiesen werden in Bussmanns’ Interpretationen zu vagen, verwischten und geheimnisvollen Räumen. Man erkennt die Rückenansicht der Abgebildeten, ihre Gefühle bleiben unbekannt. Die Künstlerin geht sogar technisch vom Fotos aus, benutzt Schnappschüsse als Vorlage, gestaltet sie um, verwandelt deren Stimmung in Pinselstriche und grenzt ihre Arbeiten vom konkreten Lichtbild ab.

Der momentan gehypte Eberhard Havekost entwickelt seine Kunst in gleicher, vom Foto ausgehenden Weise. Auch er überhöht das reizüberflutend tradierte Foto und entdeckt in der Rückansicht dreier Snowboardfahrer eine Ahnung von Mystik: „Sport dunkel“. Bussmanns ästhetische Stilisierung stemmt sich nicht weniger gegen die dokumentarische Verbildlichung der Gegenwart. Das Foto wird durch sie zu Literatur, zu Updikes verwaisten Swimmingpool und Broadys Schmetterlingsmädchen aus „Die Schwimmerin“ (C.H. Beck 2001).

Wer obschon der mannigfaltigen Eindrücke einen meditativen Kontrapunkt sucht, findet diesem im Kabinett mit Bruno Kurz` „Indian Diary“. Der Karlsruher hat ein 1984 in Indien entstandenes Tagebuch aus Naturfaserpapier zu lichtgleichen Quadraten verarbeitet. Die damaligen Notizen sind nun auf 29 Holzplatten verleimt, in kreuzförmiger Anordnung jeweils zweier Doppelseiten, mit einer Wachsschicht überzogen, unlesbar als Schriftstücke verloren. Dennoch gelang Kurz eine neue Semiotik des Erlebten, komprimiertes Festhalten mittels Selektion. Unwahrscheinlich, dass sein Tagebuch 2003 noch Aufsehen erregen würde. Das neue „Indian Diary“ schafft dies jedoch mit doppeldeutiger Leichtigkeit. Beide Ausstellungen hängen bis zum 17. Mai in der Friedrich-Engels-Allee 165, Di.-Fr. 14-19 Uhr, Sa. 11-15 Uhr.

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