Ferdinand von Schirach: „Die Vernunft ist menschenfreundlich“

Für den „Büchermarkt“ im Deutschlandfunk sprach ich mit Ferdinand von Schirach, der bislang 3 Millionen Exemplare seiner Bücher allein in Deutschland verkauft hat, dessen Texte übersetzt worden sind in 40 Sprachen, dessen Geschichten die Vorlage bilden für zahlreiche Kino- und Fernsehfilme, für Serienproduktionen, die regelmäßig Traumquoten einfahren. Sein Theaterstück „Terror“ ist das meistgespielte der deutschen Gegenwart. Wenige Tage später schickte mir von Schirach eine von ihm überarbeitete und ergänzte Version des Gesprächs – im Deutschlandfunk ist es aus journalistischen Gründen Hauspolitik, dass Gespräche im originalen Wortlaut wiedergegeben werden, mit allen Versprechern, grammatischen Ungenauigkeiten usw. – die „Autorenfassung“ gibt es deshalb exklusiv hier im Blog. (Beitragsbild: Luchterhand Verlag / Archiv Kairosfilm).

Herr von Schirach, mindestens drei Jahre sind vergangen, seit Sie und ich das letzte Mal miteinander gesprochen haben. Einiges ist seitdem geschehen – wie war Ihre Zeit, woran haben Sie gearbeitet? Die letzten drei Jahre waren für mich nicht ganz ohne Anstrengung, auch wenn ich immer noch gerne schreibe. Am Ende stimmt einfach, was Karl Valentin einmal gesagt hat: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“

Als Anwalt sind Sie nicht mehr tätig? Nein, das wäre ein zu großes Risiko. Stellen Sie sich vor, dass ein Richter meine Bücher nicht mag und der arme Mandant bekommt das dann ab. Außerdem nimmt mich das schon sehr in Anspruch und wenn man zu viel macht – das wissen Sie – macht man irgendwann alles nicht mehr gut.

„Die Herzlichkeit der Vernunft“ heißt jene kleine Schrift, die in ihrem neuen Verlag Luchterhand gerade erschienen ist, eine Zusammenstellung von Gesprächen, die kein geringerer als Alexander Kluge mit Ihnen geführt hat. Die Grundthese, wenn ich diese aus Ihrem gemeinsam verfassten Vorwort richtig erschließe, ist jene, dass die blaue Färbung unseres Planeten nicht nur auf physikalische und geologische Phänomene beruht, sondern auch auf die Geistestätigkeit jener großen Denker, über die Sie dann im Folgenden sprechen werden. Was verbindet unter anderem Sokrates, Voltaire und Kleist Ihrer Ansicht nach? Es ist eine Freundlichkeit dem Leben gegenüber, es ist das zutiefst Menschliche. Ich will versuchen, es ganz unphilosophisch zu erklären. Die Raumsonde Voyager 1 startete 1977 von Cape Canaveral, sie war die erste Sonde, die unser Sonnensystem verließ. Obwohl sie eigentlich keine Kraft mehr hatte, schickte sie 1990 letzte Fotos zur Erde, über eine Strecke von 6 oder 7 Milliarden Kilometern – der größten Entfernung, aus der jemals ein Foto gemacht wurde. Auf einem dieser Fotos ist unser Sonnensystem zu erkennen, viele Sterne und links unten ein kleiner hellblauer Punkt, noch nicht mal von der Größe einer Stecknadel. Das ist die Erde, dort ist alles, was wir waren und was wir sind. Das Foto, das lange über meinem Schreibtisch hing, ist vorne in dem kleinen Buch abgedruckt. Wenn Sie es ansehen, wird Ihnen klar, wie verrückt wir sind, dass wir Kriege führen und uns töten. In unserer Milchstraße gibt es 100 Milliarden Sonnensysteme und im Weltall 100 Milliarden solcher Galaxien. Das alles zusammen sind etwa 10 % des Universums, der Rest ist leer und minus 270° C kalt. Wir sind vergänglich, wir haben keine Gewalt über unser Leben. Marc Aurel schrieb, Alexander der Große und sein Maultiertreiber haben am Ende den gleichen Weg genommen. Es bleibt uns nichts übrig, wir müssen zusammenhalten.

Und wir müssen uns dem stellen, was auch Blaise Pascal schon gesagt hat: Wir sind ein Nichts gegenüber dem All und ein All gegenüber dem Nichts, dem Allerkleinsten, und zwischen diesen beiden Extremen werden wir schwanken ohne Unterlass. Das mag vielleicht auch erklären, weshalb wir dann dennoch, weil wir auch ein All gegenüber dem Nichts sind, bereit sind, Kriege zu führen und dann vergessen, dass wir ein Nichts sind gegenüber dem All. Ja, wir vergessen es, aber das ist nichts Gutes.

Wie ist es zu diesem Band gekommen? Wie entstand Ihr Projekt mit Alexander Kluge? Alexander Kluge ist einer der großen Intellektuellen Europas. Er hat Jura, Geschichte und Kirchenmusik studiert, war lange der engste Vertraute von Adorno, gewann als erster Deutscher 1968 den Goldenen Löwen in Venedig und gründete die Filmabteilung an der Ulmer Hochschule für Gestaltung. Er machte tausende Filme. Aber er ist nicht, wie so viele andere, versteinert, sondern das genaue Gegenteil. Er ist neugierig, er sieht immer noch höchst interessiert auf diese Welt und ich bewundere ihn sehr. Wir haben in den vergangenen Jahren einige Filminterviews zusammen gemacht und eine Reihe von Gesprächen auf Band aufgezeichnet. Manchmal habe ich ihn aus dem Auto angerufen und wir haben auf der Fahrt eine Stunde über die Buddenbrooks, Napoleons Begegnung mit Goethe oder nur über die Leitungsmasten neben der Straße gesprochen. Daraus ist dann irgendwann dieses Buch entstanden.

„Die Herzlichkeit der Vernunft“ heißt Ihre Schrift. Nun ist die Adelung der Vernunft ein Konzept der Aufklärung, das zu etlichen Irrwegen geführt hat – es hat die Sehnsucht nach Transzendenz und Mythos nicht suspendieren können. Worin besteht also ihre Herzlichkeit? Die Vernunft ist nicht kalt und überheblich, sie verneint nicht das Geheimnisvolle. Im Gegenteil. Die Vernunft, wie Kluge und ich sie verstehen, ist menschenfreundlich. Ihre Herzlichkeit kann man vielleicht mit dem Satz zusammenfassen, der im Zauberberg im Schneekapitel steht: «Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen, dem Tode keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken.» Das ist die Herzlichkeit der Vernunft, wie zum Beispiel auch Montaigne sie verstand.

Zu Beginn sprechen Sie und Alexander Kluge über das Gerichtsverfahren gegen Sokrates – da sind Sie ganz in ihrem Metier und beschreiben auch, wie Sokrates seine Ankläger und auch den Richter beschimpft haben soll. Sie sagen, das sei natürlich nicht sehr klug. Richter zu bedrohen funktioniere fast nie. Da möchte man sogleich wissen: wenn es fast nie funktioniert – in welchen Fällen kann dieses Manöver gelingen? Manchmal muss man das als Verteidiger tun. Manchmal muss man zeigen, wie wütend man über eine Ungerechtigkeit des Richter ist. Denken Sie an den Prozess gegen Kachelmann – wenn der neue Verteidiger nicht irgendwann laut und unfreundlich geworden wäre, wäre der Angeklagte vermutlich verurteilt worden. Aber das funktioniert natürlich nicht, wenn man im Unrecht ist. Entgegen der fast allgemeinen Meinung wurde Sokrates zu Recht verurteilt, er verstieß gegen die Gesetze Athens. Er hätte das Gericht trotzdem als freier Mann verlassen können, aber das wollte er nicht. Seine Verurteilung war, so könnte man es sagen, kein Justizmord, sondern ein Justizselbstmord.

Über verschiedene Aspekte dieses hochinteressanten, kurzweiligen Bandes könnten wir nun reden – und möchten doch, da wir eine Literatursendung sind, vor allem vom Literarischen sprechen.  Über den Sokrates-Diskurs und den Athener Prozessen kommen Sie später zur Bedeutung des Thing und schreiben, über den Zusammenhang von Gerichtsverfahren und Erzählungen. Mögen Sie diesen Gedanken für unsere Hörer auf erweiternde Weise erklären? Das Thing war ein heiliger Ort. Wenn etwas Schreckliches passierte, zum Beispiel wurde ein Dorf niedergebrannt und die Frauen vergewaltigt, trafen sich die Menschen dort, meist war das Thing auf einem Hügel. Dort gab es zwei Arten von Richtern: die Erzähler und die Urteiler. Die Urteiler waren gar nicht so wichtig, es ging um die Erzähler. Sie sprachen so lange über das furchtbare Ereignis, bis alles erfasst war. Welcher Frau wurde was angetan? Welches Haus wurde wie niedergebrannt? Wie sahen die Angreifer aus? Wie viele waren es? Das genaue Erzählen beruhigte die Gemeinschaft. Das tut es noch heute. Das Böse ist immer das Unaussprechliche, das Unausgesprochene – die Schuhspitzen, die wir unter dem Vorhang sehen, die Schritte, die wir nachts auf der Straße hinter uns hören. Vielleicht interessieren uns Strafprozesse genau deshalb: Dort werden die Taten »nacherzählt«. Noch immer sind sie furchtbar, aber sie machen uns weniger Angst. Die Erzählung ist also wichtig für das Fortbestehen einer Gesellschaft. Wenn wir erzählen, versichern wir uns unserer selbst.

Das haben wir in Südafrika nach der Apartheid gesehen. Genau.

Das kennen wir möglicherweise auch aus Märchen, dem Rumpelstilzchen, dessen Macht in dem Moment genommen wird, wenn man den Namen ausspricht. Nun war es Dürrenmatt, der gesagt hat, wenn er irgendwann an einem Schaufenster vorbeigeht und ein Buch darin liegen sieht, auf dem steht „Trost bei Dürrenmatt“, dann hört er auf, dann hat er fertig – Literatur sollte nicht trösten. Sie scheinen das anders zu sehen. Ja, das ist auch anders. Also Literatur soll auch erfreuen und auch trösten und auch uns Mut machen in dunklen Stunden. Seltsamerweise macht das auch die Literatur von Dürrenmatt, auch wenn er das nicht will.

Kann es denn auch den Schriftsteller trösten? Man hört so oft von Schriftstellern den Satz: Natürlich finden unsere Leser Trost, können die Leser Trost finden in dem, was wir schreiben, aber für uns ist es die Hölle. Vielleicht ist das aber auch ein bisschen wohlfeil. Schreiben ist enorm anstrengend. Das weiß jeder, der schreibt. Es gibt dabei nichts Genialisches, man steht nicht morgens auf und schreibt einfach so die wunderbarsten Sachen. Schreiben ist Arbeit, aber es ist, wenn man ehrlich ist, ein wunderbarer Beruf. Man lebt in seinem Kopf lebt, mit den Figuren und Geschichten, die man erschafft, irgendwann verselbstständigen sie sich dann ein bisschen, man sieht ihnen zu und schreibt das auf. Das ist herrlich.

Alexander Kluge sagt in ihrem Sokrates-Dialog: „Es gibt eine Notwendigkeit der Phantasietätigkeit. Wenn die Welt in die Funktionale rutscht, geht mein Sinn in die Imaginäre. Das ist eine natürliche Zweiteilung, die im Menschengeschlecht angelegt ist. Warum stimmen Sie dem zu? Sehen Sie, in unserer Gesellschaft sollen alle Extreme verschwinden. Das ist natürlich vernünftig und fair. Nur ein Dummkopf würde heute noch Gordon Gekko aus dem Film »Wall Street« zustimmen, wonach Gier richtig ist und funktioniert, und selbst die Eliten wollen auf keinen Fall mehr so bezeichnet werden. Einkommen, Wohnung oder Auto sagen heute kaum mehr etwas über den sozialen Status aus. Andere Dinge sind jungen Menschen wichtiger, kein Fleisch zu essen, die Umwelt zu schützen, die Aufmerksamkeit in sozialen Netzwerken. Trotz des Terrors leben wir in Europa heute in der freiesten und der friedlichsten Gesellschaft, die es jemals gab. Aber dann passiert etwas anderes: das Leben wird uns langweilig. Niemand hält es dauernd in der Mitte aus. Das Extrem wirkt anziehender. Vielen beginnt die Intensität zu fehlen, das wahre Leben, wie sie sagen. Sie wollen sich „selbst wieder fühlen“ – was für ein alberner Ausdruck. Sie laufen Marathon, springen an Gummiseilen befestigt von Brücken oder klettern im Hochgebirge herum. In Berlin gibt es Clubs, in denen alle nackt tanzen, Menschen verabreden sich im Internet, um in weichen Tierkostümen Sex zu haben. Der Rausch wird gefeiert, weil das Leben zu eng ist. Früher tätowierten sich Ma­tro­sen und Strafgefangene, heute ist das in jeder Bevölkerungsschicht beliebt, Männer und Frauen stechen sich Nadeln in ihre Geschlechtsorgane, weil ihr Körper das Einzige ist, woran sie sich noch ausleben können.

Hatten Sie Notizen während Ihrer sehr gelehrigen Gespräche? Wurden diese nachträglich bearbeitet? Oder ist jener gewaltige Bildungshintergrund, vor dem Sie hier sprechen das Produkt Ihrer absoluten Abgeschiedenheit, frei von beruflichen Verpflichtungen – selbst per Handy oder E-Mail erreicht man Sie nicht mehr. Man kann Ihnen allenfalls eine SMS schreiben und sie rufen dann zurück. Das ist alles gar nicht so gelehrig. Es sind leicht zu verstehende und hoffentlich unterhaltsame Gespräche. Sie können sie im Flugzeug oder im Caféhaus lesen, und vielleicht denken Sie darüber nach und es macht ihnen Freude. Was das Andere angeht: das stimmt schon, man muss ein bisserl alleine sein, um schreiben zu können. Es gibt eine schöne Zeile in einem Gottfried Benn Gedicht, das den Titel: «Was schlimm ist» trägt. Dort heißt es: «Sehr schlimm: eingeladen sein, wenn zu Hause die Räume stiller, der Cafe besser und keine Unterhaltung nötig ist.» Es stimmt also, ich bin ganz gerne für mich.

Es gab immer wieder Zeiten, in denen die Mitte gefeiert wurde, die Mitte angestrebt wurde, in anderen Zeiten dann wieder die Elite. Das hat Herfried Münkler in „Mitte und Maß“ 2010 geschrieben. Wir können also noch nicht mal darauf hoffen, dass es so bleibt, dass die Mitte, mittelalterliche Mäßigung, die „mâze“, die im Moment noch wirkt, auch Bestand haben wird. Auch die Mitte kann ein Extrem sei, und wenn es in einer Gesellschaft keine Möglichkeiten mehr gibt, extremere Positionen einzunehmen, dann bricht es irgendwann mit Gewalt durch, und das wird dann gefährlich. Tatsächlich ist es so, dass die Mitte dem Menschen gemäß ist und dass er dort am besten und am friedlichsten lebt, nur leider hält er es dort nicht lange aus.

Man bemerkt untrüglich in jedem Ihrer Gespräche, dass Sie in den Auseinandersetzungen mit jenen hier behandelten Geistesgrößen auch den Anlass suchen, weshalb jemand schriftstellerisch tätig ist, wie bei Voltaire, der ein Unrecht dadurch erst an eine große Öffentlichkeit bringen kann, indem er eine Geschichte erzählt. – Was beeindruckt sie an diesem Beispiel? Voltaire kämpfte für einen Mann, den er nicht kannte, nur weil dieser Mann ungerecht behandelt wurde. Voltaires Kampf, sein Handeln und Schreiben war ein Trotzdem: trotz der herrschenden Moral, trotz des Justizsystems und vor allem: trotz der öffentlichen Meinung.

Stimmt es, dass Ihr Debüt-Geschichtenband „Verbrechen“ ursprünglich als Sachbuch geplant war? Ach, ich finde diese Unterscheidung nicht so wichtig. Man hat der wunderbaren Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch als sie den Nobelpreis bekam, vorgeworfen, sie schreibe eigentlich Sachbücher und keine Literatur. Das halte ich für Unsinn. Es gibt ja eigentlich nur zwei Kriterien, nämlich ob das Geschriebene ernsthaft gemacht ist, und ob es die Menschen berührt.

Warum bezeichnen Sie Cicero als einen der populärsten Schriftsteller seiner Zeit in Differenz zu der öffentlichen Ansicht, Cicero sei Philosoph gewesen? Cicero machte die griechischen Philosophen in Rom populär. Darum ging es ihm, nicht um Originalität. «In seinem Kopf denken andere», sagt Kluge und damit hat er recht. Cicero war der berühmteste Redner Roms und er nutzt diese Fähigkeit auch beim Schreiben. Das ist sein großes Verdienst. Übrigens ähnelt er darin Voltaire. Es gab größere Denker als ihn damals in Frankreich, aber wohl niemanden, der mehr gelesen wurde. In seinem populärsten Roman erklärt er die Theorien Leibnitz – und macht sich über sie lustig.

Die Literatur ist kein Abbild der Wirklichkeit, sagen Sie, was schon klingt wie ein Motto des Berliner Schriftstellers Hartmut Lange, der einem seiner Bände den Satz vorangestellt hat. „Die Literatur hat ihren eigenen Wahrheitsgrund.“ Worin mag dieser liegen? Stellen Sie sich eine vier Meter lange Akte in einem Mordfall vor, tausende Seiten Polizeiberichte, Vernehmungsprotokolle, Gutachten, Tatortfotos. Stellen Sie sich siebzig Stunden Gerichtsverfahren vor. Und dann nehmen Sie eine meiner Kurzgeschichten, sie sind ja kaum länger als 15 Seiten. Was ist nun die Wahrheit? Was die Wirklichkeit? Eine 15-seitige Geschichte oder eine vier Meter lange Akte? Im Mittelalter soll es einen Kartographen gegeben haben, der die beste Karte der Welt herstellen wollte. Er dachte sehr lange darüber nach und wählte dann den Maßstab 1:1. Das Projekt scheiterte natürlich. Wahrheit entsteht nicht durch vollständige Abbildung der Wirklichkeit, sie ist etwas völlig Anderes. Tatsächlich entsteht sie im Kopf des Lesers.

Weshalb erläutern Sie den wahren Fall, der ihrer vermutlich bekanntesten Geschichte „Fähner“ zugrunde liegt? Das ist ein Missverständnis, lieber Herr Drees. Der Fall Fähner und der Fall in „Die Herzlichkeit der Vernunft“ sind zwei völlig verschiedene Dinge.

Ferdinand von Schirach, „Die Herzlichkeit der Vernunft: Gespräche mit Alexander Kluge“, Luchterhand Verlag, 182 Seiten, 10 Euro.

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1 Kommentar

  1. Ich hatte Schirach und Kluge im dctp-Interview erfreut über Sokrates‘ „Justizselbstmord“ sprechen hören und habe Folgendes auf Facebook dazu (vielleicht kommt diese Story den beiden auf diesem Wege zu Ohren):

    „Ferdinand von Schirach erklärt Alexander Kluge, dass Sokrates‘ Ende nicht der erste Justizmord der Geschichte war, sondern wahrscheinlich der erste ‚Justizselbstmord‘. Eine wirklich spannende und wichtige These, wenn man bedenkt, dass der Prozess gegen Sokrates 399 v. Chr. die Demokratie für die nächsten 2000 Jahre diskreditiert hat.

    Kluge und von Schirach wissen aber offensichtlich nicht, dass sie bereits 1989 von Isidore Feinstein Stone, dem damaligen Doyen des investigativen amerikanischen Journalismus, in dessen Buch und Alterswerk ‚Der Prozess des Sokrates‘ viel pointierter formuliert wurde. Dort begegnet uns in Sokrates ein arroganter Verächter alles Demokratischen und Verehrer des zurückgebliebenen Kreta sowie der Militärdiktatur in Sparta. Es war offensichtlich sein Ziel, das einzigartige Menschheitsexperiment der athenischen Demokratie mit seinem von ihm selbst herbeigeführten Tod für immer zu beschämen. Das wäre ihm auch fast gelungen. Für mich war Stones Buch wegweisend. Damit konnte ich meinen Philosophen-Kollegen in ihren verklärend-beschönigenden Ansichten zu Sokrates ordentlich auf die Nerven gehen.“

    https://www.amazon.com/Trial-Socrates-I-F-Stone/dp/0385260326/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1468744313&sr=8-1&keywords=i.+f.+stone

    http://www.dctp.tv/filme/der-prozess-des-sokrates-newsstories-06072016/

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