Jens Friebe: Die Spamfestung

Jens Friebe fand mit Liedern wie „Lawinenhund“ den Weg in allerlei Indiemädchen-Herzen. Nun beginnt ein neuer Anlauf: Sein literarisches Debüt „52 Wochenenden“ stellt schöne Texte zum Durchmachen, Feiern, Faulenzen, Gernhaben vor. 

Seine Geschichten dauern drei, vier U-Bahnstationen und greifen mal eben das wahre Jugendleben ab, mir nichts, dir nichts, wie ein Ärmelschütteln. Jens Friebe schreibt, was längst über Heizpilze im allgemeinen, über den Badener Dialekt im besonderen und auch über „Pornofilme mit weiblichem Blick“ gesagt werden musste. („Weiblicher Blick = männlicher Blick + schlechtester Jazz der Welt und Rosenblätter in der Badewanne.“) Kurz und knapp ist hier das Wichtigste erfasst: „Ich hatte das, was die Leute immer ausdrücken nennen, gemacht, seit ich dachte.“ Man glaubt es sofort. In „52 Wochenenden“ ringen zwar keine großen Weltunter- oder -aufgangsthemen um Wörter, Sätze, Scheinwerferlicht, wie es zuletzt allerlei amerikanische Schwergewichtsliteratur ausprobiert hat. Ebenso fehlt dieses melancholische Liebe-Hinterhersuchen, -hecheln, -weinen der deutschen Kollegen. Dafür macht es es immer wieder recht erfrischend „Wumm!“, wie im Club, als der nervige Frank, ein entfernter Cliquenbekannter, zu der kleinen Partygruppe stößt:

„Schnell merkte ich, dass Frank in Sachen Takt umgekehrt japanisch agieren würde. Während Japaner ein etwas zu verhalten vorgebrachtes ‚Ja‘ als ‚Nein‘ auszulegen pflegen, würde es schwierig sein, Frank so deutlich ‚Hau ab‘ zu sagen, dass er es nicht als ein ‚Ne, echt super mit dir hier‘, verstehen würde. Deshalb ließ ich abstimmen: ‚Wer findet, dass es schöner war, bevor Frank kam, Finger hoch!'“ Das ist gemein, ja. Aber auch gut, oder? Die Welt ist auf jeden Fall nicht schöner gewesen, bevor Jens Friebe sie betreten hat. Darf das behauptet werden? Erst wenn so ein Typ auftritt im Leben, wird deutlich, dass vorher was gefehlt haben muss. Von so einem lässt sich jeder sofort mitschleppen, durch die Clubs, Kneipen, Konzertsäle, Cafés, selbst wenn das Ganze in Berlin angesiedelt ist. Bei Jens Friebe wirkt noch die lauteste Großstadt wie Bonn oder Nürnberg, ein bisschen krude, ein bisschen kuschelig, gefährlich nie. Jedenfalls liest sich das so. Dieses Buch ist schön und wahr und eine kapitale Festung gegen den ganzen Alltagsspam um uns herum. Mit „52 Wochenenden“ wird der Spätsommer schön, egal, was für ein Wetter ist.

Jens Friebe, Nachwort von Linus Volkmann: „52 Wochenenden. Texte zum Durchmachen“, KiWi, 188 Seiten. „52 Wochenenden – Kritische Ausgabe“, Nachwort: Volkmann und Dietmar Dath. Verbrecher Verlag, 160 Seiten, 12 Euro

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