Clap your Hands, say yeah!

Täglich grüßt kein Murmeltier, aber die „Heile heile“-Welt von Rebekka (mit Doppel-“K“) ist in der Dauerrepeat-Schleife gefangen. 

„Heile, heile“ ist so gut wie nichts bei der kleinen, dicklichen Rebekka Meiler: Adrian, ihr heiß geliebter Ex-Freund, ist ihr fremd, seit sie fremdgegangen ist, mit einem anderen Mann, der ebenfalls zwei Konsonaten im Namen trägt und Hannes heißt. Ihre beste Freundin, die mit den zwei „t“, die Jette, leidet mal wieder an Krebs, während es den Doppel-“n“-Jennys dieser Welt blendend geht, den Mädchen, die dumm sind „wie Diätnahrung, völlig ohne Inhaltsstoffe.“ Mit Diäten kennt sich Rebekka aus, aber die „Trennung war die erste Diät, die Rebekka durchhielt.“ Der Plot dieses Romans wirkt wie eine weitere Geschichte über das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit. Aber „Heile heile“ ragt über die verknallte Befindlichkeitsprosa des Resterestes hinaus. Warum?

Wiederholungen sind das große und perfekt ausgestaltete Thema in Kirsten Fuchs‘ Buch. Deshalb ist es erstens gut und zweitens: Der Wiederholung im Titel folgt die permanente Wiederholung von Wörtern („schade, schade“) im Text, ohne zu nerven. Drittens: das Dilemma der Helden steckt ebenfalls in Wiederholungen, oder dem Wunsch nach Wiederholungen, das kann man fast postmodern nennen.

Rebekka hat einen Rückfall mit Adrian: „Der Sex war wie Durstigsein und hastig trinken.“ Jette, die arme, arme Bestefreundin muss immer und immer wieder ins Krankenhaus, auf die erste Chemo folgt eine zweite, dritte, Plan A wird zu Plan B, zu Plan C, bis sie Plan D von sich aus verweigert. Solche Ideen sind formal brillant. Viertens: Kirsten kann mit Sprache spielen und sie spielt ein schönes Spiel: „Als Kind war sie sich sicher gewesen, dass das Einweckglas Einweckglas hieß, weil die Früchte darin eingeweckt wurden, bis sie wieder aufgeweckt wurden. Dazwischen schliefen sie.“ Fünftens: „Heile, heile“ hat Humor. Sechstens: Das Ende, die letzten Seiten wagen einen krassen Bruch, aber das Buch bricht sich keinen ab, dabei. Und dann ist es vorbei, vorbei.

Kirsten Fuchs kennt sich mit verschwindenden Dingen aus: 1977 wurde sie in Karl-Marx-Stadt geboren. Seit 1990 heißt die sächsische Metropole politisch korrekt wieder Chemnitz, angelehnt an den kleinen Fluss der durch sie hindurchfließt. Aus dem Ort, den es nicht mehr gibt ist Kirsten später nach Berlin gezogen, wo sie 2003 den renommierten Literatur-Lese-Wettbewerb „Open Mike“ gewann. Zwei Jahre später kam das begeistert aufgenommene Debüt „Die Titanic und Herr Berg“, 2006 ihr Kleidergeschichtenbuch „Zieh dir das mal an“. Jetzt gibt es „Heile heile“. PS: Wer seinem Ex eine Kleinigkeit mit auf den Weg geben möchte, kann es nach Kirsten Fuchs schlagfertiger versuchen. „Ich will dir nur drei Sätze sagen. Jetzt sind es nur noch zwei. Jetzt sind die drei Sätze vorbei.“

Kirsten Fuchs: „Heile, heile“, Rowohlt Berlin, 320 S., 19,90 Euro

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1 Kommentar

  1. […] Kirsten Fuchs („Eine Frau spürt sowas nicht„, „Nicht der Süden„, „Heile, heile„) der ich vollkommen zustimme, abgesehen davon, dass sie meiner Meinung nach kein bisschen […]

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